Nach „EU-Bio“, „MSC“, „ASC“ und Naturland kommt das nächste Gütesiegel für Lachslebensmittel daher. Das „GGN-Siegel“ soll ebenfalls dem Kunden eine hohe Qualität des Produkts signalisieren. Nur sind gute Qualität und Nachhaltigkeit nicht zwingend zwei Sachverhalte, die Hand in Hand gehen. Daher einmal nachgeschaut, wer und was hinter dem jüngsten Siegel steckt.

Eigentlich kaufe ich keinen Lachs, der aus Netzhaltung bzw. Aquafarmen stammt. Da mir aber das noch unbekannte Siegel auffiel, nahm ich eine Packung dieses schottischen Räucherlachses mit.

Unter der Webadresse (ggn.org) befinden sich die Webseiten der GGN Label Office c/o FoodPLUS GmbH, die, laut Impressum, ihren Sitz in Köln hat. GGN selbst steht für GLOBALG.A.P. Number. Diese Nummer kann nachverfolgt werden und liefert Informationen zu dem jeweiligen Erzeugnis. Gleichzeitig zeigt diese Nummer eine erfolgreiche Zertifizierung durch GlobalG.A.P. (globalgap.org) an. Eine Zertifizierung erfolgt nur, wenn die vorgegebenen Standards von GlobalG.A.P. eingehalten werden.

Klingt so weit auch ganz gut und gebe ich die auf der Packung aufgedruckten Nummer ein, erhalte ich umgehend einen Firmennamen. Milarex (milarex.com), ein polnisches Unternehmen, schreibt „Wir setzen uns für eine nachhaltigere Zukunft ein und unterstützen dazu eine sozial und ökologisch verantwortliche Landwirtschaft.

Foto Verpackung Schottisches Lachsfleisch Räucherlachs GGN-Gütesiegel
„Echter“ schottischer Räucher-lachs aus Polen – aber mit neuem Gütesiegel.

Die Nutzung des GGN-Siegels soll dies natürlich unterstreichen. Zusammengefasst steht das GGN-Siegel für Transparenz, verantwortungsvolle Landwirtschaft und Tierzucht und weltweite nachhaltige Entwicklung.

Um genauer zu erfahren, was gerade hinsichtlich Nachhaltigkeit gemeint ist, muss ich wieder zur der GlobalG.A.P. wechseln. Dort stehen allerdings nur allgemeine Hinweise und wenn ich mehr erfahren möchte, soll ich die Seiten der Global Sustainable Seafood Initiative (ourgssi.org) besuchen. In Ordnung, dann eben dort weitersuchen …

Erst nach mehreren Klicks kann ich ein englisches Dokument lesen. Darin finde ich aber keine Richtlinien, die genau besagen, wie eine nachhaltige Produktion bei Lachsen konkret auszusehen hat.

Foto Verpackung Lachsfleisch Gütesiegel
Das GGN-Gütesiegel soll für Transparenz bei der Produktion stehen.

Allerdings finde ich Vorgaben für die korrekte Vorgehensweise bei der Vergabe der Siegel (Guidelines for the Ecolabelling of fish and fishery products from marine capture fisheries). Auch für den korrekten Einsatz des GSSI-Logos finde ich ein Dokument, aber sonst …

Das Recht zu Fischen beinhaltet die Verpflichtung, dieses in einer verantwortungsvollen Art und Weise zu tun, die eine effektive Erhaltung und Verwaltung der lebenden aquatischen Ressourcen sicherstellt.“*

Die fischereieichen Entscheidungen für den Schutz und die Verwaltung sollen auf den besten wissenschaftlichen Nachweisen verfügbar basieren.“**

Die Staaten sollen effektive Verfahren erreichten, speziell für die Aquakulturen, um ein angemessenes ökologisches Bewerten und Überwachen durchzuführen, mit dem Ziel, die negativen ökologischen Veränderungen zu mindern […]

Die Begriffe „ökologisch“ und „wild“ lassen sich nur ein einmal bzw. zweimal im gesamten Dokument finden. Und dies stammt von den Vereinten Nationen …***

Das GGN-Gütesiegel soll ein Ökolabel (!) darstellen, anhand dessen eine einkaufende Person eine nachhaltige Entscheidung treffen kann. Tatsache aber ist, auch dieses Label gaukelt „Öko“ nur vor. Lachsfarmen, also Aquakulturen auf Basis von Netzen, die im Meer platziert werden und in denen Zuchtlachse gehältert werden, sind nicht nachhaltig! Die Wildbestände werden weiterhin durch die Errichtung und Unterhaltung solcher Zuchtgehege stark bedroht. Von den sozialen Aspekten für die Angestellten, will ich an dieser Stelle gar nicht erst anfangen.

Und so ist die Welt um ein Siegel reicher, aber davon profitieren weder die Leute, die sich für einen echten Erhalt der Biodiversität einsetzen noch die Wildlachse selbst. Da kann ich nur zynisch „guten Appetit“ bei dieser Henkersmahlzeit wünschen. Apropos Appetit – Geschmack und Textur hat dieser Lachs nicht. Kein Vergleich zu echtem Wildlachs!

Foto Räucherlachsfleisch
Lachsfleisch ist ein hochwertiges und fantas-tisches Lebensmittel. Allerdings dürfen dafür die natürlichen Wildbestände der Lachse nicht gefährdet werden.

* The right to fish carries with it the obligation to do so in a responsible manner so as to ensure effective conservation and management of the living aquatic resources.
** Conservation and management decisions for fisheries should be based on the best scientific evidence available, […]
*** States should establish effective procedures specific to aquaculture to undertake appropriate environmental assessment and monitoring with the aim of minimizing adverse ecological changes […]

Das gezeigte Produkt wurde mir weder von der Firma bereitgestellt noch wird dieser Blogbeitrag von der Firma gesponsert. Hierbei handelt es sich um einen privaten Kauf!

19. Dezember 2021

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